Praxisbeispiele in Österreich
Im folgenden Abschnitt werden Beispiele von österreichischen Institutionen und Projekten in alphabetischer Reihenfolge angeführt. Dabei handelt es sich um keine vollständige Auflistung. Gerne können Sie uns kontaktieren und wir nehmen Ihre Institution als Praxisbeispiel auf.
Filmarchiv Austria
Das Filmarchiv Austria kontextualisiert NS-Propagandafilme mit einem Disclaimer-Text, in dem auf die Suggestivkraft der Bilder hingewiesen wird. Dieser Text wird direkt im Video abgespielt.
Beispiel: Der Tag des großdeutschen Reiches - Kulturpool
image+ Platform for Open Art Education
„Um rassistische und diskriminierende Ausdrücke kenntlich zu machen, hebt die Bildungsplattform Image+ innerhalb der Bilddatenbank diese durch eine besondere typografische Methode hervor: Die Begriffe werden durchgestrichen und in kleinerer, tiefgestellter Schrift dargestellt. Diese Vorgehensweise bewahrt den historischen Kontext der Begriffe, ohne diesen zu entfernen oder zu verfälschen. Gleichzeitig soll diese Markierung der Weiterverbreitung rassistischer und diskriminierender Ausdrücke entgegenwirken und die damit verbundene fortwährende Schädigung klarstellen. Damit passt sich diese Praxis den gegenwärtigen Richtlinien und Anforderungen an und schafft ein standardisiertes wissenschaftliches Verfahren.
Zudem wurden im Nachhinein hinzugefügte, beschreibende Titel oder Bildunterschriften mit ergänzenden Beschreibungen, die nicht von der Urheber*in des Werks stammen, abgeändert oder kommentiert. Die originale Formulierung wird aus Gründen der historischen Dokumentation und Sorgfalt im ‚Notizen‘- Feld festgehalten, wobei, falls möglich, Angaben zu Urheber*in, Quelle und dem Jahr gemacht werden.“
Ergebnis: Anleitung für den reflektierten Umgang mit diskriminierenden und rassistischen Ausdrücken in Werktiteln — image+ (zuletzt eingesehen am 10.03.2025
Landessammlungen Niederösterreich
Die Online-Sammlung der Landessammlungen Niederösterreich verfügt bei ausgewählten Objekten über einen Disclaimer, in dem sich die Institution von „diskriminierenden oder abwertenden Inhalten” distanziert. Zudem bietet die Sammlung ein Glossar an, in dem Begriffe kontextualisiert werden. Diese Begriffe sind in den Objekttiteln mit dem Glossar verlinkt.
Beispiel:
Objekttitel: “Apostasie - Das 'Abendland' kommt aus dem 'Morgenland'”
Schlagwort: Abendland
Objekt in der Online-Sammlung (zuletzt eingesehen am 12.03.2025).
Disclaimer-Text: “Die Landessammlungen Niederösterreich distanzieren sich mit diesem Kommentar von jeglichem diskriminierenden oder abwertenden Inhalt in den Landessammlungen Online. Nur in begründeten Ausnahmefällen bei originalen (Werk)titeln, Inschriften oder alternativlosen Termini werden problematische Begriffe beibehalten, unter Anführungszeichen gesetzt und durch ein Glossar erklärt. Problematische Begriffe und Inhalte sind in der Onlinesammlung der Landessammlungen Niederösterreich ausschließlich zum Zweck der Forschung und Bildung einsehbar. Mehr zu den problematischen Begriffen: Glossar"
Salzburg Museum: Glossar
Um den sensiblen Umgang mit problematischen Objekten in der Online-Datenbank zu gewährleisten, wurde 2020 am Salzburg Museum eine eigene Projektgruppe gegründet. Durch sie werden die entsprechenden Datensätze in der Museumsdatenbank erfasst und gesammelt, anschließend mit den Sammlungsleiter:innen auf die jeweilige Problematik hin überprüft und im Beschreibungstext individuell kontextualisiert. Gemeinsam wird entschieden, ob problematische Begriffe aufgrund geschichtswissenschaftlicher Notwendigkeit (z. B. Begriff ohne Alternativen, originaler Werktitel) beibehalten werden sollten. Nach gründlicher Prüfung werden alle entsprechenden Online-Datensätze sprachsensibel verfasst und kommentiert zur Verfügung gestellt. Beibehaltene problematische Begriffe werden mit einem Glossar verlinkt, welches eine weitere Kontextualisierung bereithält. Die Glossartexte werden ständig erweitert und erneuert.
6 Ziele und Chancen aus Sicht des Salzburg Museums im Sinne moderner, integrativer Museumsarbeit:
- Maximale Sichtbarmachung der Sammlung und Umgang mit Verzerrung des Blicks auf die Geschichte – auch des Rassismus und der Diskriminierung
- Durch sensible Kontextualisierung wird das Problembewusstsein um diese Geschichte, ihre Objekte und Worte sowie ihre Wirkungsmechanismen bis in die heutige Zeit vertieft.
Ergebnis: Salzburg Museum: Sammlung-Online (zuletzt eingesehen am 10.03.2025)
Technisches Museum Wien (TMW)
Derzeit ist der Umgang mit problematischen Objekten im Online-Katalog des TMW noch in Arbeit. Auf Nachfrage im Archivteam wurde folgende Regelung kommuniziert: „Wenn das Bild eindeutig rassistisch ist, nehmen wir die Abbildung offline und schreiben folgende Information im Feld ‘Zugangsbestimmungen’: 'Diese Archivalie enthält rassistisches Gedankengut und erfordert besondere Sensibilität und Rücksicht im Umgang. Der Inhalt entspricht nicht der Geisteshaltung des Technischen Museums Wien.’“ (Stand 28.02.2025)
Beispiele:
Objekttitel: Laubsägevorlagen für die Herstellung von Kinderspielzeugen
Signatur: BPA-009957
Objekt in der Online-Sammlung (zuletzt eingesehen am 10.03.2025)
Objekttitel: Die verschiedenen “Menschenrassen”
Signatur: BPA-018129-09
Objekt in der Online-Sammlung (zuletzt eingesehen am 10.03.2025)
Anmerkung: Dieses Objekt wird ohne Bild angezeigt. Die Beschlagwortung wird entsprechend kritisch angereichert: „Illustration der "verschiedenen Menschenracen nach Welttheilen zusammengestellt". Stark rassistische Abbildung verschiedener Stereotypen, wobei die "Germanen und Romanen" prominent in der Mitte abgebildet wurden. Tafel IX aus der Mappe ‚Geologie. Geschichte und physikal. Geographie in Bildern‘“
Objekttitel: Kautschuksorte Geringerer Qualität, in Schachtel
Inventar-Nr.: 85616
Objekt in der Online-Sammlung (zuletzt eingesehen am 10.03.2025)
Im Rahmen des dreijährigen Projekts „Koloniale Infrastrukturen“ arbeitet das Team des TMW aktuell mit der Firma Semantics an der Entwicklung eines Disclaimers für problematische Bilder sowie an der Implementierung eines Glossars in ihrer Forschungsplattform bzw. Webausstellung. „Da das Teilprojekt mit problematischen Begriffen und Disclaimer für heuer (2025) vorgesehen ist, sind wir noch in der Konzeptionsphase und können Ihnen derzeit leider keine näheren Inputs diesbezüglich liefern“, heißt es von Seiten des Museums.
Wien Museum
Hinter der Trennung von Präsentationstitel und Originaltitel eines Objekts steht die Idee, verletzende Begriffe nicht aus den Datenbanken oder Thesauren zu löschen, sie aber weniger präsent anzuzeigen. Objekte erhalten einen neutraleren, beschreibenden Titel, während der Objekttitel unter anderem kleiner unter dem Objekt angezeigt wird. So können Objektdaten wie etwa rassistische Abbildungen weiterhin für Forschende zugänglich gemacht werden, ohne herabwürdigende Begriffe sichtbar aufzugreifen und zu wiederholen
Diesem Ansatz folgend zeigt das Wien Museum manche Objekte, die im Einvernehmen mit den Kurator:innen als problematisch eingeordnet werden, mit beschreibenden Titeln an. In den Objektdaten ist der Originaltitel angeführt. Eine weitere Möglichkeit der Kontextualisierung ist die zusätzliche Beschlagwortung, etwa mit dem Begriff „Exotismus“. Kuratorinnen und Kuratoren können zusätzlich einen beschreibenden Text hinzufügen.
Im Fall des Wien Museums wird die Entscheidung, welche Kontextualisierung notwendig ist, von den zuständigen Kuratorinnen und Kuratoren getroffen. Eine Policy ist derzeit nicht vorgesehen, da der Umfang an problematischen Digitalisaten derzeit noch überschaubar sei, heißt es seitens des Museums. Eine allgemeine Regel betrifft jedoch den Umgang mit Objekten, die Hakenkreuze zeigen. Digitalisate mit diesen Erkennungszeichen können in der Online-Sammlung nicht heruntergeladen werden.
Beispiel:
Objekttitel: Stereotype Darstellung eines arabischen Buben (Beschreibender Titel)
Inv.-Nr.: 219122
Objekt in der Online-Sammlung (zuletzt eingesehen am 10.03.2025)
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