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Leitfaden zur Unterstützung bei der Rechteklärung von Objekten und Digitalisaten

Dieser Leitfaden wurde in Zusammenarbeit mit Beiratsmitglied Mag. Christian Recht, LL.M MSc erstellt. 

Download: Leitfaden_Rechteklärung.pdf

1. Einleitung

Vor der Digitalisierung müssen die Objekte identifiziert und ausgewählt werden. Bereits bei der Planung der Digitalisierung sollte die rechtliche Thematik berücksichtigt werden, um potenzielle Probleme bei der Online-Stellung im Vorhinein zu vermeiden. Dieser rechtliche Workflow für die Digitalisierung und Veröffentlichung in der eigenen Online-Sammlung, aber auch im Kulturpool und in Europeana, unterstützt Mitarbeiter:innen einer Institution dabei, die notwendigen Schritte zur Klärung der Rechte an einem Objekt zu verstehen und durchzuführen. Dieser Leitfaden bietet eine praxisnahe Hilfestellung für die rechtssichere Veröffentlichung der digitalen Sammlungen.

1.1 Warum müssen die Rechte geklärt werden?

Im Urheberrecht (Urheberrechtsgesetz, UrhG) wird festgelegt, dass die:der Urheber:in die Rechte am eigenen Werk hat. Es werden die geistigen und wirtschaftlichen Interessen vor einer unberechtigten Nutzung geschützt, unter anderem mit dem Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und den Verwertungsrechten, wie z. B. das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht und das Recht zur öffentlichen Zurverfügungstellung. Diese Rechte werden aber auch für die Digitalisierung eines Werks und dessen Veröffentlichung in der Online-Sammlung benötigt. Um Objekte im Internet anzeigen zu können, müssen daher die entsprechenden Rechte geklärt werden.

Für die Veröffentlichung eines Werks in der Online-Sammlung einer Institution sind vor allem die folgenden Rechte zu berücksichtigen:

  1. Urheberrechte aller Urheber:innen des Werks
  2. Urheberrechte aller Urheber:innen des Digitalisats und der damit verbundenen Metadaten
  3. Persönlichkeitsrechte von Personen, die z. B. auf Bildern oder in Briefen erkannt werden können (§§ 77–78 UrhG)
1.2 Wann müssen Rechte geklärt werden?

Bei einer Aufnahme eines Werks in eine Sammlung der Institution (z. B. durch eine Schenkung) ist es nicht üblich, dass die Verwertungsrechte gleich mit übertragen werden. Manchmal ist es auch nicht möglich, dass diese Rechte übertragen werden (z. B. in einzelnen Ankaufsverträgen).

Wenn ein Sammlungsobjekt veröffentlicht werden soll, ist daher eine Rechteklärung erforderlich und auch aufgrund der verpflichtenden Rechtekennzeichnung notwendig.

1.3 Guideline

Eine detaillierte Einführung zum Urheberrecht finden Sie unter:
https://wissen.kulturpool.at/books/urheberrecht/page/details-zum-urheberrecht

Die folgenden Fragen können bei einer Einschätzung des Urheberrechtsstatus und der darauffolgenden Rechteklärung der Sammlungsobjekte helfen.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen nicht rechtlich bindend sind. Im Zweifelsfall sollten Sie immer Ihre Rechtsabteilung oder eine Rechtsberatung konsultieren.

2 Rechteklärung bei Objekten und deren Digitalisaten

Eine Liste der 14 möglichen Lizenzen und Rechteerklärungen für eine Veröffentlichung der Digitalisate im Kulturpool und in Europeana sowie eine kurze Erklärung zu den jeweiligen Rechtshinweisen finden Sie hier.

2.1 Fällt das Objekt generell unter das Urheberrecht?

Werke, die explizit vom Urheberrecht geschützt werden, sind Werke:

  1. der Literatur(§ 2 UrhG)
    jegliche Art von Texten, Bücher, Briefe, Computerprogramme, Artikel, Songtexte, Gedichte, Theaterstücke, Bühnenwerke mit Choreografien, ...
  2. der bildenden Künste (§ 3 UrhG)
    Fotografien, Gemälde, Skulpturen, Bauwerke, ...
  3. der Filmkunst (§ 4 UrhG)
    Videoaufnahmen, Kurzfilme, ...
  4. der Tonkunst (§ 1 UrhG)
    Filmmusik, Symphonien, Volksmusik, ...

Objekte, die nicht in diese Kategorien fallen, liegen in der Gemeinfreiheit. Diese dürfen von jedem Menschen für jegliche Zwecke verwendet werden, wie z. B. digitalisiert, übersetzt, anderen zur Verfügung gestellt oder im Internet veröffentlicht werden.

NEIN: Objekte aus der Natur (z. B. Steine, Blumen, Blätter) sowie Gesetze, Verordnungen, amtliche Bekanntmachungen und Ähnliches sind nicht durch das Urheberrecht geschützt und daher gemeinfrei. Das bedeutet, dass diese Objekte für jeglichen Zweck verwendet werden dürfen, einschließlich der Digitalisierung und Veröffentlichung.

Alltägliche Gegenstände sind üblicherweise nicht durch das Urheberrecht geschützt. Designermöbel oder spezifische Designelemente, zum Beispiel, können jedoch urheberrechtlichen Schutz genießen, abhängig von der jeweiligen Originalität und Individualität. Ein Designentwurf ist, genau wie eine Zeichnung, geschützt. Um ein solches Werk zu nutzen und zu veröffentlichen, muss daher direkt bei den Urheber:innen die Zustimmung eingeholt werden.

JA: Handelt es sich um ein Werk auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Kunst oder der Filmkunst, ist es durch das Urheberrecht geschützt.

2.2 Ist die:der Urheber:in bekannt?

Für eine Einschätzung zum Urheberrechtsschutz ist es hilfreich zu wissen, wer die:der Urheber:in des Werks (§§ 10–13 UrhG) ist. In jedem Fall ist es nützlich, das Veröffentlichungsdatum, den Namen der:des Urheber:in sowie das Todesjahr zu dokumentieren.

NEIN: Ist die:der Urheber:in nicht bekannt oder konnte keine rechtsinnehabende Person ermittelt werden und wurde das Werk vor weniger als 100 Jahren (als grobe Einschätzung für die Schutzfrist) veröffentlicht, kann das Werk nach einer sorgfältigen Recherche in der Datenbank verwaister Werke (EUIPO) eingetragen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können solche verwaisten Werke (§ 56e UrhG), welche noch urheberrechtlich geschützt sind, von öffentlich zugänglichen Einrichtungen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Es ist wahrscheinlich, dass ein vor mehr als ca. 125–150 Jahren veröffentlichtes Werk bereits in der Gemeinfreiheit ist, da die:der Urheber:in vermutlich bereits vor mehr als 70 Jahren verstorben ist. Unter 2.9 Beispiele zur Einschätzung der Schutzfrist↓ finden Sie verschiedene Beispiele zur Einschätzung der Schutzfrist.

JA: Wenn die:der Urheber:in bekannt ist, vereinfacht dies die weitere Einschätzung zum rechtlichen Status bzw. die Anfrage zur Einwilligung zur Veröffentlichung.

2.3 Wird das Objekt noch vom Urheberrecht geschützt?

Werke, die vom Urheberrecht geschützt werden, werden in Österreich grundsätzlich bis 70 Jahre nach dem Todesjahr der:des Urheber:in geschützt (§§ 60–64 UrhG).

Achtung: In Österreich wird das Ende der Schutzfrist für das Werk im Normalfall ab dem Jahr nach dem Tod der erschaffenden Person berechnet. Es gibt spezifische Ausnahmen dieser Regel (z. B. für anonyme oder pseudonyme Werke (§ 61 UrhG), Lichtbilder (§ 73 Abs 1 UrhG, § 74 Abs 6 UrhG) oder nachgelassene Werke (§ 76b UrhG). In anderen Ländern können die Schutzfristen abweichen. Bei Werken mit mehreren Urheber:innen gilt die Schutzdauer ab dem Jahr nach dem Todesjahr der:des zuletzt lebenden Urheber:in (§§ 60–64 UrhG).

NEIN: Werke, deren Urheber:in schon seit über 70 Jahren verstorben ist, sind in der Gemeinfreiheit und dürfen frei verwendet werden.

JA: Werke, deren Urheber:in noch lebt oder noch keine 70 Jahre verstorben ist, sind noch durch das Urheberrecht geschützt. Diese Werke dürfen nicht ohne Zustimmung verwendet werden.

Ist das genaue Todesjahr der:des Urheber:in nicht bekannt, kann angenommen werden, dass Werke, die vor mehr als etwa 125-150 Jahren veröffentlicht wurden, wahrscheinlich bereits gemeinfrei sind. Die genaue rechtliche Lage kann jedoch je nach den Umständen variieren.

2.4 Stimmt die rechtsinnehabende Person eines Werks der Veröffentlichung zu?

Für die Veröffentlichung (§§ 14–16, 18a UrhG) eines urheberrechtlich geschützten Werks ist die Zustimmung der rechtsinnehabenden Person erforderlich (§ 24 UrhG). Das bedeutet, dass nicht nur die:der Urheber:in selbst einer Veröffentlichung zustimmen kann, sondern auch Erb:innen, Hersteller:innen oder beauftragte Verwertungsgesellschaften (§ 2 Z 1 VerwGesG). Diese Einwilligung kann durch Lizenzvereinbarungen oder den Erwerb von Nutzungsbewilligungen erfolgen. Idealerweise werden dabei auch die Nutzungen im Kulturpool als auch in Europeana und für eine Nutzung zur Bearbeitung (für das Generieren eines Vorschaubildes) berücksichtigt.

NEIN: Stimmt die dazu berechtigte Person einer Veröffentlichung nicht zu, darf das Werk weder in der Online-Sammlung noch im Kulturpool der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Wenn ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne Berechtigung veröffentlicht oder auf andere Weise unrechtmäßig genutzt wird, könnten rechtliche Konsequenzen folgen (siehe Welche rechtlichen Konsequenzen könnte eine unberechtigte Nutzung nach sich ziehen?↓).

JA: In diesem Fall kann das Werk in die Online-Sammlung aufgenommen werden. Stellen Sie sicher, dass alle erforderlichen Verwertungsrechte gegeben sind, entweder durch die direkte Zustimmung der rechtsinnehabenden Person oder durch eine geeignete Lizenzvereinbarung.

2.5 Werden auf dem Werk Personen abgebildet?

Das Persönlichkeitsrecht schützt die Privatsphäre und persönlichen Interessen jeder Person. Daher muss bei der Veröffentlichung, insbesondere bei Briefen oder Fotografien (§§ 77–78 UrhG), unabhängig vom urheberrechtlichen Schutz des Objekts als Werk oder Lichtbild, darauf geachtet werden, dass das Privatleben oder intime Details der betroffenen Personen geschützt werden. Das Persönlichkeitsrecht gilt auch nach dem Tod (sog. postmortales Persönlichkeitsrecht), um auch die Privatsphäre der Angehörigen zu wahren (§ 77 Abs 2 UrhG). Sofern keine ausdrückliche Zustimmung zur Veröffentlichung vorliegt, bleibt ein Risiko für die Institution bestehen.

Folgende Fragen können bei der Einschätzung helfen:

  • Ist die Person identifizierbar?
  • Handelt es sich um Personen des öffentlichen Lebens?
  • Fehlt die Einwilligung der Person zur Veröffentlichung?
  • Könnte die Veröffentlichung der Person schaden?
  • Werden intime Details über das Privatleben der Person offenbart?
  • Gibt es direkte Nachfahr:innen der Personen, die bei einer Veröffentlichung betroffen wären?
  • Wird das Bild zu Werbezwecken verwendet?

NEIN: Wenn keine Personen direkt erkennbar auf dem Werk sind oder die abgebildeten Personen eine Zustimmung zur Veröffentlichung gegeben haben, kann es verwendet werden.

JA: Achtung: Ehre und Privatsphäre von Personen könnte durch eine Veröffentlichung verletzt werden. Wenn eine Person direkt erkennbar ist, beispielsweise durch ein Foto oder die Adresse auf einer Postkarte, könnten intime Details der Person preisgegeben werden, wenn das Werk im Internet auffindbar ist. Es ist wichtig, die Interessen der betroffenen Person aber auch ihrer direkten Angehörigen sorgfältig abzuwägen und zu berücksichtigen.

Wenn eine Person zur Veröffentlichung des Porträts zugestimmt hat, dann kann das Werk veröffentlicht werden. Liegt z. B. im Fall eines Briefes keine Zustimmung vor, aber es werden im Schreiben keine intimen Details enthüllt, kann das Werk nach einer positiven Abwägung der Interessenslage (Privatsphäre / Informationsfreiheit) veröffentlicht werden. Wurde das betreffende Werk schon vor mehr als 100 Jahren erstellt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch Angehörige keine Einwände gegen eine Veröffentlichung erheben.

2.6 Ist das Digitalisat frei von urheberrechtlichem Schutz?

Seit der Urheberrechtsnovelle 2021 wird eine fotografische Reproduktion (also ein Scan oder ein Foto) eines Werks der bildenden Künste, dessen Schutzfrist abgelaufen ist, nicht mehr selbst als Lichtbild vom Urheberrecht geschützt (§ 74 Abs 1 UrhG).

Dennoch kann in besonderen Fällen nicht nur das Sammlungsobjekt, sondern auch ein zugehöriges Digitalisat eines Sammlungsobjekt selbst urheberrechtlich geschützt sein. Für die Veröffentlichung in der institutionseigenen Online-Sammlung, im Kulturpool und in Europeana ist in diesen Fällen auch die Zustimmung der externen Digitalisierer:innen erforderlich. Die Zustimmung für die Veröffentlichung wird am besten gleich bei der Beauftragung (schriftlich) festgehalten.

Wenn z. B. spezielle Techniken zur Erstellung des Digitalisats verwendet werden, kann es selbst als Werk im Sinn des Urheberrechts geschützt sein. In diesem Fall ist es ratsam, gleich bei der Erstellung der Digitalisate bzw. bei der Beauftragung der Digitalisierung die Lizenzen festzuhalten.

NEIN: Es handelt sich um ein geschütztes Digitalisat. Wird der Veröffentlichung im Internet nicht zugestimmt, kann dieses Digitalisat nicht verwendet werden. Sollte das Digitalisat dennoch veröffentlicht werden, könnte dies rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

JA: Es handelt sich um kein geschütztes Digitalisat, oder der Veröffentlichung wurde zugestimmt. Das Digitalisat kann veröffentlicht werden.

2.7 Unter welchen Bedingungen stimmt die:der Rechteinhaber:in einer Veröffentlichung zu?

Als mögliche Muster für die Einwilligung zur Veröffentlichung werden von der Europeana verschiedene Lizenzen und Rechteerklärungen bereitgestellt.

Eine Hilfestellung zur Auswahl der geeigneten Lizenz / Rechteerklärung zur Weitergabe an den Kulturpool und an Europeana finden Sie hier.

Falls externe Dienstleister:innen die Digitalisierung durchführen, sollten klare Vereinbarungen, die die Verwertungsrechte am Digitalisat regeln, bereits bei der Beauftragung getroffen werden. Sowohl bei externen Dienstleistern als auch internen Mitarbeiter:innen ist es ratsam, die korrekte Schreibweise des Namens der:des Urheber:in vom Digitalisat sowie die vereinbarte Lizenz oder Rechteerklärung schriftlich festzuhalten.

2.8 Weitere Punkte, die zu beachten sind

Datenschutz: Besonders bei der Erfassung von Metadaten ist auf den Schutz personenbezogener Daten zu achten, insbesondere wenn z. B. Spender nicht in der Öffentlichkeit stehen möchten oder deren Zustimmung zur Veröffentlichung nicht gegeben ist. Beispielsweise ist auch bei Briefen zu beachten, dass die Adresse einer noch lebenden Person nicht veröffentlicht wird.

Klare Vertragsbedingungen: Es sollten eindeutige Vereinbarungen mit den Urheber:innen getroffen werden, insbesondere bezüglich der Nutzung und Veröffentlichung der digitalisierten Objekte.

Ethische Richtlinien: Besonders im Umgang mit kulturell sensiblen Objekten oder der Darstellung marginalisierter Gruppen ist auf ethische Standards zu achten (z. B. CARE Prinzipien: https://www.gida-global.org/care). Dies betrifft nicht nur die Veröffentlichung des Werks auf der Seite der Online-Sammlung, sondern auch die Angaben in den Metadaten (z. B. Provenienz und Beschreibung). Eine Kontextualisierung des Werks kann helfen, es im historischen Kontext zu verstehen, und zusätzliche Perspektiven und Interpretationen anbieten. Eine Sensibilisierung für ethische und moralische Fragen ermöglicht eine bessere Einordnung der präsentierten Informationen für die Besucher:innen der Online-Sammlung.

2.9 Beispiele zur Einschätzung der Schutzfrist
  1. Urheber:in mit bekannten Lebensdaten
    Stirbt ein:e Urheber:in, so wird die urheberrechtliche Schutzfrist mit dem Beginn des folgenden Jahres (70 Jahre Schutzfrist ab 1.1. des Folgejahres) berechnet.
    Bsp: Karl Kraus ist am 12.6.1936 verstorben, seine Werke waren daher bis Ende (31.12.) 2006 urheberrechtlich geschützt. Ab 1.1.2007 waren seine Werke gemeinfrei.
  2. Anonyme oder pseudonyme Werke
    Wurde ein Werk anonym oder unter einem Pseudonym veröffentlicht, wird die Schutzfrist ab dem Veröffentlichungs- oder Schaffungsdatum wie in Beispiel 1 berechnet.
  3. Urheber:in ohne bekannte Lebensdaten
    Ist das Sterbedatum eines Urhebers nicht bekannt, so können nur Risikofristen zum Urheberrechtsstatus eines Werks geschätzt werden. Die Abschätzung der Schutzfrist kann variieren, als oberes Ende der Einschätzung können z. B.140–150 Jahre (70 Lebensjahre + 70 Jahre Schutzfrist) angenommen werden. Auch wenn in verschiedenen Fällen diese maximale Einschätzung zu lang sein kann, wären 70 Jahre oftmals zu kurz.
    Hat ein Urheber ein Werk im Jahr 1953 erschaffen, so könnte als maximale Risikofrist angenommen werden, dass dieses Werk erst 2093 in die Gemeinfreiheit übergeht. 
  4. Urheber:in ohne bekannte Lebensdaten, mit anderen datierten Werken
    Sind von einer Urheberin keine Lebensdaten bekannt, so ist eine genaue Einschätzung zur urheberrechtlichen Schutzfrist schwierig. Sind mehrere Werke der Urheberin bekannt, kann dies die geschätzte Dauer der Schutzfrist verringern.
    Die urheberrechtliche Schutzfrist gilt bis zu 70 Jahre ab dem Jahr nach dem Tod der Urheberin. Sind zwei weiter auseinander liegende Werke bekannt, muss deshalb nicht die maximale Einschätzung von 140-150 Jahren zur Berechnung der Risikofrist ab dem späteren Werk verwendet werden.
    Ein Werk einer Urheberin wurde 1887 geschaffen, ein weiteres bekanntes Werk erst 1907. Zieht man die durchschnittliche Lebenserwartung mit in Betracht, könnten die Werke der Urheberin bereits in der Gemeinfreiheit sein.

3 Rechteklärung bei Metadaten

Reine Fakten (z. B. Namen, Geburtsdaten, ...) sind in der Regel nicht urheberrechtlich geschützt. Trotzdem sind (manche) Metadaten vom Urheberrecht geschützt, z. B. wenn interpretative oder analytische Beschreibungen des Werks erstellt werden. Für die institutionseigene Online-Sammlung muss geklärt werden, dass die betreffenden Metadaten veröffentlicht werden dürfen.

Bei der Veröffentlichung von Provenienzangaben ist zu beachten, dass sensible Daten von lebenden oder kürzlich verstorbenen Personen nur mit Zustimmung veröffentlicht werden.

Die Rechte an den Metadaten über ein Werk bzw. ein Digitalisat sind nicht an deren Lizenzen bzw. Rechteerklärungen gebunden. Für eine Lieferung an den Kulturpool (und in Folge an Europeana) müssen die Metadaten unter CC0 bereitgestellt werden, während für das Digitalisat je eine der 14 von Europeana akzeptierten Rechteerklärungen / Lizenzen angegeben werden muss.

3.1 Werden die Metadaten von Dritten (Externen) erstellt?

Werden die Metadaten angereichert oder aus einem Katalog bezogen, können Verwertungsrechte an den Daten bestehen (§ 40f UrhG). Für die Weitergabe der Metadaten sind dann dementsprechend die Rechte einzuholen.

NEIN: Wenn eine Institution keine Kataloge einbezieht und die Metadaten nicht von Dritten erstellt werden, ist die Institution selbst für die rechtliche Verwaltung der Metadaten verantwortlich.

JA: Die relevanten Verträge und Lizenzen sollten geprüft werden. Vor einer Weitergabe der Daten an den Kulturpool und an Europeana müssen die Verwertungsrechte geklärt und ggf. eingeholt werden. Wenn eine Bereitstellung der Metadaten mit CC0 nicht möglich ist, können diese Daten nicht im Kulturpool (und in weiterer Folge in Europeana) dargestellt werden.

3.2 Werden beschreibende Metadaten von Mitarbeiter:innen erstellt?

Da Metadaten größtenteils nur aus Formaldaten (Katalogdaten) bestehen, sind diese nicht urheberrechtlich geschützt. Durch das Erstellen von individuellen Texten (§ 2 UrhG) können manche Metadaten urheberrechtlichen Schutz erhalten. In diesen bestimmten Fällen sollten die Rechte geklärt werden. Bei internen Mitarbeiter:innen können die Rechte zur Nutzung der erstellten Inhalte im Dienstvertrag festgehalten werden. Wenn freiwillige Mitarbeiter:innen bei der Erfassung und Erstellung der Metadaten aushelfen, ist für die rechtliche Sicherheit eine schriftliche Einwilligung zur Verwendung der Daten empfehlenswert.

NEIN: Für die Bereitstellung der Metadaten im Kulturpool und in Europeana sollte der Rechtshinweis CC0 gewählt werden.

JA: Werden die Verwertungsrechte der in der Arbeit erstellten und urheberrechtlich geschützten Inhalte der Mitarbeiter:innen der Institution zugeschrieben, kann die Institution selbst die Verwertungsrechte festlegen. Bei freiwilligen Mitarbeitern ist eine schriftliche Einwilligung zur Verwendung der Daten empfehlenswert. Damit die Daten im Kulturpool und in Europeana angezeigt werden können, sollten die Metadaten mit dem Rechtshinweis CC0 bereitgestellt werden.

Sind die Verwertungsrechte an den Metadaten geklärt, können diese im Kulturpool und in Europeana veröffentlicht werden.

4. Welche rechtlichen Konsequenzen könnte eine unberechtigte Nutzung nach sich ziehen?

Wenn ein Werk ohne Zustimmung der:des Urheber:in bzw. der Rechtsinhaber:innen veröffentlicht wird, können rechtliche Konsequenzen drohen. Die genauen Kosten sowie der Aufwand zur Bereinigung von geltend gemachten Ansprüchen wegen Urheberrechtsverletzung können stark variieren und sind von verschiedenen Faktoren abhängig. Es ist ratsam, präventive Maßnahmen (insbesondere eine gründliche Rechteklärung) zu ergreifen und rechtlichen Rat einzuholen, um das Risiko von Rechtsverletzungen zu minimieren und mögliche Kosten zu vermeiden.

Rechtsfolgen einer Urheberrechtsverletzung können sein:

  • Unterlassung (§ 81 UrhG): Die Institution wird zur Abgabe einer (strafbewehrten) Erklärung verpflichtet. Damit wird die Nutzung des urheberrechtlich geschützten Werks eingestellt und zukünftig unterlassen. Bei einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wird eine Strafzahlung für ein eventuelles weiteres Vergehen festgesetzt.
  • Beseitigung (§ 82–84 UrhG): Unzulässige Vervielfältigungsstücke werden vernichtet, zum Beispiel durch das Löschen von digitalen Kopien.
  • Urteilsveröffentlichung (§ 85 UrhG): Das Urteil wird zur Abschreckung anderer veröffentlicht.
  • Angemessenes Entgelt (§ 86 UrhG): Ein Entgelt für die bereits erfolgte Nutzung muss gezahlt werden, das die:der Urheber:in oder die Verwertungsgesellschaft erhält.
  • Schadenersatz und Herausgabe des Gewinns (§ 87 UrhG): Das Gericht kann die Zahlung von Schadenersatz und die Herausgabe der durch die Rechtsverletzung erzielten Gewinne fordern.

Die häufigste rechtliche Handlung bei Urheberrechtsverletzungen ist die Abmahnung, mit der das Fehlverhalten verwarnt wird. Die unerlaubte Nutzung kann auch außergerichtlich in einem Vergleich getilgt werden.

5. Wie können rechtliche Konsequenzen vermieden werden?

Rechtliche und finanzielle Konsequenzen werden vor allem mit einer gründlichen Rechteklärung im Vorhinein vermieden. Diese ist in manchen Fällen erschwert, z. B. wenn die vorhandenen Informationen zur Rechtssituation unzutreffend sind, die:der Urheber:in nicht bekannt ist oder keine rechtsinnehabende Person ermittelt werden kann. Eine Bewertung der Rechtesituation kann die Entscheidung zur (Nicht-)Veröffentlichung dieser Werke / Digitalisate vereinfachen, wobei zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden können, um das Risiko einer unzulässigen Verwendung weitestgehend auszuschließen. Natürlich sollten so wenige Risiken wie möglich in Kauf genommen werden.

Ein detaillierter Plan zur Risikobewertung und -minderung ist essenziell, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden und den Schutz der Inhalte zu gewährleisten. Ein möglicher Plan zur Risikobewertung könnte so aussehen:

  1. Identifizieren potenzieller Risiken: Gibt es nur unvollständige Informationen zum Objekt? Sind die Rechte geklärt? Werden personenbezogene Daten veröffentlicht? Gibt es urheberschutzrechtliche Bedenken? Werden die Digitalisate übereinstimmend mit den vereinbarten Verwertungsrechten verwendet? Wird die Lizenz / Rechteerklärung des Digitalisats in den Metadaten in der Online-Sammlung angezeigt?
  2. Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungen: Wie wahrscheinlich ist es, dass ein genanntes Risiko eintritt? Gibt es zu den Risiken schon Erfahrungswerte innerhalb der Institution? Wie gravierend wären die Folgen eines eingetretenen Risikos (z. B. in rechtlicher, finanzieller, reputationsbezogener Hinsicht)?
  3. a) Vermeiden der Risiken: Um sich vor den rechtlichen Konsequenzen zu schützen, können eine sorgfältige Rechteklärung der Objekte, die Festlegung der Lizenzen zur Veröffentlichung der Digitalisate und eine Prüfung der Daten auf personenbezogene Inhalte hilfreich sein.
    b) Verminderung der Risiken: Manche Risiken können nicht vollständig vermieden werden, aber es können Maßnahmen zur Reduktion der Risiken getroffen werden, z. B. durch klar definierte Verträge für die Nutzungsrechte, Lifzenzvereinbarungen oder das Anzeigen der Rechtshinweise der Digitalisate in der Online-Sammlung.
  4. Akzeptanz: Bestimmte Risiken könnten bewusst getroffen werden, wenn die Kosten oder der Aufwand zur Verringerung unverhältnismäßig hoch sind. Als Beispiel: Ist ein Porträt im Jahr 1895 erstellt worden, kann dieses vermutlich ohne große Bedenken digitalisiert und veröffentlicht werden, wenn trotz Recherche nicht ermittelt werden kann, ob das Werk noch geschützt ist und wer der aktuelle Rechteinhaber sein könnte. Eine weitergehende Recherche würde viel Aufwand und damit einhergehende Kosten bedeuten, obwohl das Werk sehr wahrscheinlich bereits in der Gemeinfreiheit ist.
  5. Notfallplanung: Reaktionspläne, um schnell und effektiv auf eingetretene Konsequenzen zu reagieren, können ausgearbeitet werden. Eine klare Dokumentation der getroffenen Schritte zur Risikovermeidung und -verminderung ist hilfreich.

Ein umfassendes Risikomanagement hilft, rechtliche aber auch andere potenzielle Probleme bei der Digitalisierung und Veröffentlichung in der Online-Sammlung frühzeitig zu erkennen und zu bewältigen. Dadurch kann der Erfolg des Digitalisierungsprojekts sichergestellt werden.